Somatic Experiencing (SE)® ist ein Basiskonzept zum Verständnis, zur Prävention und zur Bewältigung der Folgen von Schock, Trauma und chronischem Stress
Die Reaktion auf eine als lebensbedrohlich erfahrene Situation ist durch die Evolution festgelegt. Die biologisch angelegten Schutz-mechanismen (Fight, Flight, Freeze) sind für temporäre Abwehrmanöver angelegt.
Ist der vollständige Ablauf dieser zum Überleben notwendigen Verhaltensmuster nicht gewährleistet, entsteht in den beteiligten neuronalen Netzwerken im Gehirn eine Unordnung mit teilweise fatalen Folgen für das Gedächtnis.
Körpergefühl, räumliche und zeitliche Zuordnung sowie eine Bewertung des Ereignisses sind nicht mehr möglich. Dieser nicht vollständig abgelaufene Reiz-Reaktions-Zyklus ist nach dem SE-Modell dann die Ursache für eine Traumafolgestörung. Als Konsequenz wird die Selbstregulation des autonomen Nervensystems gehemmt und es entstehen vermischte Symptome unterschiedlicher Ausprägung. Die Harmonie von Körper, Seele und Geist löst sich zunehmend auf und der gesamte Organismus ist in seiner Ordnung gestört.
Das Besondere an SE® ist, dass man das Körpergedächtnis (implizites und prozedurales) berücksichtigt. Dies ermöglicht inhaltsfreies Arbeiten, um z.B. auch Traumata aus der nonverbalen Entwicklungsphase zu bearbeiten sowie Re-Traumatisierungen zu vermeiden.
SE ermöglicht die Auflösung von Trauma-Folgestörungen
basierend auf evolutionstheoretischen Erkenntnissen
Trauma-Folgestörungen wie z.B. Übererregbarkeit, Überaktivität, Panik, Jähzorn, Wutausbrüche, (diffuse) Ängste, Depressionen, Schlafstörungen, Burnout, chronische Schmerzen, Nacken- und Rückenprobleme, Gefühle von Entfremdung, Migräne, immunologische/endokrine Störungen, Konzentrationsdefizite, Bindungsunfähigkeit, dissoziative Störungen u.v.m. können, selbst wenn sie eventuell erst Jahre später aufgedeckt werden, noch behandelt werden. Denn SE® orientiert sich an der alles entscheidenden Frage: "Wie hat das Nervensystem die überwältigende Erfahrung verarbeitet?" Ist es mit dem Erlebten fertig geworden oder liegt eine Dysregulation im Autonomen Nervensystem vor?
Das SE-Modell ergänzt bekannte Therapieverfahren durch Interventionen, die sich an den Reaktionen des Körpers und somit des autonomen Nervensystems orientieren. Dabei werden biologisch geprägte Schutzmechanismen und Überlebensreaktionen gefördert oder wieder entwickelt (Bottom up-Ansatz). Die Fähigkeit des Klienten zur Interozeption (Wahrnehmung viszeraler, kinästhetischer und propriozeptiver Empfindungen), „Stress-Erinnerungen“ (implicit memories) sowie ressourcierende Erfahrungen werden schonend erspürt (Felt Sense) und dadurch körperlich, geistig und emotional miteinander verwoben. Ziel ist es: „Damit fertig werden zu können“ (Komplettierung, Neuverhandlung und Integration von Unverbundenem). Orientierung, Abgrenzung, Handlung und Entspannung werden neu installiert.
Dazu benutzt man im SE® hauptsächlich Interozeption, d.h. das Erspüren und Wahrnehmen von kontextabhängigen Körperreaktionen. Im Pendeln der Aufmerksamkeit zwischen stabilisierenden Ressourcen und der für das Nervensystem überwältigenden Erfahrung wird die blockierte Überlebensenergie sanft gelöst. Der Körper kann dadurch nicht abgeschlossene Reaktionen auf die ursprüngliche Bedrohung nachträglich entwickeln ("renegotiation").
So findet das Nervensystem auf natürliche Weise wieder zu seiner ursprünglichen Selbstregulationsfähigkeit zurück. Körperliche und psychische Symptome wie Schmerzen, Übererregbarkeit, Ängste, Depression, Dissoziation, Schlaflosigkeit u. a. können sich nachhaltig auflösen, der Mensch kann aus der Erstarrung wieder in Fluss kommen.
Die für die Traumalösung wichtige biologische Selbstregulation und Resilienz wird durch somatische Ressourcenbildung aufgebaut und verbessert. Der Zugewinn von „biologischen Ressourcen“ ermöglicht es den Klienten, sich der traumatischen Vergangenheit selbstbewusster zu exponieren mit zunehmend mehr Kraft, Selbstsicherheit und Handlungsmöglichkeiten.
SE nutzt das sensomotorische und prozessurale „Körpergedächtnis“, kann dadurch auf zu belastende mentale/emotionale Erinnerungen verzichten und ermöglicht somit auch Lösungen für Dysregulationen aus frühen, vorsprachlichen Entwicklungsphasen oder retrograder Amnesie. Kathartisches Vorgehen wird im Hinblick auf mögliche Retraumatisierung vermieden.
SE bietet eine wichtige Grundlage für den Umgang nicht nur mit Schocktrauma, sondern auch für die Bearbeitung von entwicklungsbedingter Traumatisierung.
SE eignet sich über die Trauma-Arbeit hinaus auch, um die Resonanzfähigkeit, Achtsamkeit sowie die Resilienz des/der Therapeuten/In zu trainieren, was zu nachhaltigen therapeutischen Erfolgen führt. Auf die Entwicklung dieser Kompetenz wird während des 3-jährigen Trainings besonders geachtet. Jede/r Teilnehmer/in soll die Möglichkeit erhalten, sich auf diesem Feld weiter zu entwickeln.
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